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Akademie 2019

Communities & the Commons

Formen der Gemeinschaftlichkeit waren das Hauptthema der zweiten Edition der deutsch-polnisch-israelischen Akademie Exercising Modernity. Die Akademie wurde 2019 vom Pilecki-Institut Berlin in Partnerschaft mit dem Liebling Haus – The White City Center (Tel Aviv), dem Polnischen Institut Tel Aviv und dem Stadtmuseum Gdynia veranstaltet. Die Veranstaltungen im Rahmen der Akademie Exercising Modernity fanden im Herbst 2019 in Tel Aviv, Warschau, Gdynia, Berlin und Weimar statt.

Gemeinschaft, Gemeinschaftlichkeit, the Commons – es gibt zahlreiche Begriffe für das Gemeinwohl und für das, was kollektiv und gemeinschaftlich ist. Fragestellungen zu gesellschaftlichen Beziehungen im 20. Jahrhundert, die von einer gemeinsamen (historischen, religiösen, ethnischen oder klassenbezogenen) Identität, gemeinsamen Interessen und Bedürfnissen, aber auch Konflikten um das Gemeinsame durchdrungen sind, eröffnen einen Raum für Diskussionen und Fragestellungen rund um die Bedeutung und den Sinn einer Gemeinschaft bei der Herausbildung moderner Staaten, Städte und Gesellschaften.

Einerseits war das letzte Jahrhundert von Versuchen geprägt, das Leben der Individuen ideologischen Interessen der Gruppe unterzuordnen, das Individuelle und Eigentümliche zu verwischen sowie die Feindschaft gegenüber „Anderen“ und „Fremden“ zu säen. Andererseits waren es gerade auf gemeinsame Werte eingeschworene gesellschaftliche Bewegungen und Gruppierungen oder politische Gemeinschaften, welche die totalitären Systeme überwinden konnten, indem sie die Idee des Gleichgewichts zwischen dem Individuellen und dem Gemeinsamen verbreiteten. Der in demokratischen Werten verwurzelte Traum der Moderne hielt die Menschen davon ab, in Extreme zu verfallen, deren absoluter Bezugspunkt in Politik oder Wirtschaft ein einziges Individuum oder eine Gruppe darstellen würde.

Zugleich gibt die Theorie und die Praxis demokratischer Staaten in den ersten Jahrzehnten des 21. Jahrhunderts mit ihrer Erinnerungskultur, ihrer Städteplanung, ihrem Umweltschutz und ihrem Kampf gegen Extremismus im Angesicht der Herausforderungen der Globalisierung weitere Schritte zur Verwirklichung der Idee von Gemeinschaftlichkeit vor. Dies macht nicht nur die Suche nach neuen Möglichkeiten für ihre Umsetzung erforderlich, sondern auch die Überprüfung der ihnen zugrunde liegenden Annahmen. Stetig wächst die Bedeutung der Diskussionen über verschiedene Konzepte des gemeinschaftlichen Lebens und Wohnens. Veränderte gesellschaftliche Rahmenbedingungen und zwischenmenschliche Beziehungen lassen sich etwa im Prozess der zunehmenden Vereinzelung bei gleichzeitiger Herausbildung neuer Selbstorganisationsmodelle festmachen, deren Entstehung insbesondere in Großstädten auf verschiedene Faktoren – auch wirtschaftliche, wie u. a. der Anstieg der Immobilienpreise – zurückzuführen ist. Diese Veränderungen inspirieren heutzutage Diskussionen über alternative Formen des Wohnens, Arbeitens und der Freizeitgestaltung. Mit Begriffen wie the Commons bzw. Gemeinschaftlichkeit werden auch zwischenmenschliche Beziehungen assoziiert, die eine Alternative zu unserem Gesellschafts- und Wirtschaftsmodell darstellen, sowie der Wunsch nach einer gerechten, egalitären Welt. All diese Themen stecken den ideellen Rahmen sowohl für das Verständnis der Moderne im historischen Sinne als auch für die heutige Sichtweise der Organisation des Raumes und des gesellschaftlichen Lebens ab.

Was bedeutet „Gemeinschaftlichkeit“ in unterschiedlichen geografischen und politischen Kontexten? Wie denken wir heute über den Aufbau und die Gestaltung von Gemeinschaft und wie wurden sie zu Beginn des 20. Jahrhunderts verstanden? Wie waren die Vorstellungen von gemeinschaftlichem Leben und Räumen in der Zwischenkriegszeit? Wie dachte man damals über die Rolle gesellschaftlicher Institutionen und darüber, wie sich künftig zwischenmenschliche Beziehungen entwickeln können?

Diesen Fragstellungen widmeten wir uns in der Akademie im Rahmen der zweiten Edition des polnisch-deutsch-israelischen Akademie Exercising Modernity. Insbesondere wollten wir Formen des gemeinsamen Wohnens heute und früher sowie neue kollaborative Wirtschaftsformen betrachten.

Dabei lag unser Fokus auf:

• der Gemeinschaftlichkeit als einem der Grundkonzepte der Moderne, auch auf der Ebene der kollektiven Erinnerung und Identität,
• dem genossenschaftlichen Wohnen in Deutschland, Polen und Israel sowie genossenschaftlichen Siedlungen wie dem israelischen Kibbuz,
• den Formen der sozialen Selbstorganisation wie Kooperativen und Genossenschaften,
• dem öffentlichen Raum und der Suche nach einer zeitgenössischen Agora für moderne Demokratien.
Unser Fokus richtete sich in unserem Projekt auf drei Perspektiven – die deutsche, die israelische und die polnische –, die von unterschiedlichen historischen und kulturellen Erfahrungen geprägt sind.

Die Teilnehmer:innen partizipierten an Seminaren, die von herausragenden Künstler:innen, Kurator:innen, Architekt:innen und Forscher:innen geleitet wurden, u. a. von Mirosław Bałka, Aleksandra Kędziorek, Katarzyna Krakowiak, Grzegorz Piątek sowie dem Team des Liebling Haus – The White City Center (Shira Benyemini, Sharon Golan und Sabrina Cegla).

Termine im Rahmen der Akademie:

1. Tel Aviv (24.–29.10.2019)
2. Warschau & Gdynia (14.–19.11.2019)
3. Berlin & Weimar (05.–08.12.2019)

Wir bieten:

• kostenlose Teilnahme an der Akademie einschließlich Unterkunft, Verpflegung und Reisen,
• Vorträge und Workshops, die von anerkannten und erfahrenen Wissenschaftler:innen, Kurator:innen und Künstler:innen gehalten werden,
• ein spannendes Begleitprogramm,
• für Absolvent:innen des Programms die Möglichkeit, sich mit einem während der Akademie konzipierten oder entwickelten Forschungs- bzw. künstlerischen Projekt für das Kulturstipendienprogramm von Exercising Modernity zu bewerben, das sich den Fragen der Moderne im 20. Jahrhundert widmet.

Bewerbung:

Um die Teilnahme an der Akademie Exercising Modernity können sich Forscher:innen auf dem Gebiet der Geisteswissenschaften bzw. Künstler:innen bewerben, die bei Bewerbungsschluss das 35. Lebensjahr nicht vollendet haben und aus Israel, Deutschland oder Polen stammen (bzw. in diesen Ländern ansässig sind).

Programm

Programm-PDFs:

Israel

Polen

Deutschland

Organisation

Veranstalter:
Pilecki-Institut Berlin

Partner:
Adam-Mickiewicz-Institut
Liebling Haus – The White City Center
Stadtmuseum Gdynia

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